Schreiner, Jennifer by Honigblut

Schreiner, Jennifer by Honigblut

Autor:Honigblut [Honigblut]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-12-22T23:25:57+00:00


Kapitel 16

Maeve starrte in das Wasser und versuchte sich an ihr letztes Bad zu erinnern. Es gelang nicht.

Wenn sie die Augen schloss, sah sie nicht die moderne Technik, nicht die Badanlagen und sich selbst nicht als Vampir. Die Königin versuchte den aufkommenden Schmerz zu unterdrücken, den die Visualisierung mit sich brachte. Sie selbst als kleines Kind beim Bad in einem Tümpel, ihre Schwester Morna, die versuchte, ihre langen roten Haare zu entwirren.

Wie alt mochten sie damals gewesen sein? Wie alt war sie jetzt? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Nicht einmal mehr daran, wann sie gelebt hatte - oder wo.

„Ist es vorher schon so gewesen?" Sie drehte sich um und überraschte Hasdrubal, der seinen eigenen Erinnerungen nachgehangen hatte, mit ihrer Frage.

„Was genau?"

„Konnte ich mich auch früher nicht erinnern?" Als Hasdrubal schwieg, fügte Maeve hinzu. „Ich weiß nichts mehr. Meine erste Erinnerung ist der Schmerz meiner Wiedergeburt als Vampir."

Die Vampirin ließ ihre Hand in ihr Badewasser gleiten und strich dicht über der Oberfläche durch das feuchte Nass. Die Temperatur war perfekt.

„Meine Königin?" Hasdrubal starrte auf den schlanken Rücken vor sich. Maeve war so schmal und klein, und doch hatte sie alle Schwäche mit einem Schlag verloren, als ihre Schwester gestorben war. Mornas Tod schien ihr die Kraft zu geben, die lange Jahrhunderte verschwunden gewesen war.

Vielleicht traten jetzt die späten Nachwirkungen auf. Von Mornas Zauber, der wahrscheinlich Maeves Wahnsinn verursacht hatte. Zu gerne hätte Hasdrubal erfahren, was in der Nacht in Edwards Tempel geschehen war. Wie und warum Morna tatsächlich ums Leben gekommen war. Und wie Maeve den Verlust ihrer Schwester überlebt und gleichzeitig den Wahnsinn abgeschüttelt hatte. Doch er fürchtete sich vor der Antwort.

„Habe ich in all der Zeit je gebadet?" Maeves Stimme klang verloren, und für Sekunden fürchtete er, ihre geistige Umnachtung würde zurückkehren. Wäre es nicht besser für uns alle?

Unter Maeves nachdenklichem Blick fühlte er sich schuldig. Und das, obwohl er wusste, dass weder seine Ablehnung, seine Wut über ihre Gesundheit und ihr Leben in seinem Gesicht oder in seiner Körperhaltung zu erkennen war.

„Ich lasse dich jetzt alleine!" Er musste sich Mühe geben, seine Stimme neutral zu halten. Ihre Verletzlichkeit raubte ihm die Nerven, und ließen ihn an seiner Wut zweifeln, die er in all den Jahrhunderten aufrechterhalten hatte. Nur ihr Wahnsinn hatte seine Zweifel an ihrer Schuld gemildert.

Es hatte immer ein „Vielleicht" gegeben. Ein „Vielleicht", das durch ihre neue Stärke nicht mehr gegeben war. Jetzt war sie nur noch eine mächtige, schöne Frau, die über Leichen ging, notfalls auch über die Leichen der Menschen, die sie liebten.

„Danke, Hasdrubal!" Maeves melodiöse Stimme verfolgte ihn, während er den Raum verließ und nicht zurückblickte.

Maeve zündete die Kerzen an, die sie für diesen Zweck extra hatte holen lassen. Die Flammen schmeichelten dem Blick und erinnerten sie auf eine sehr subtile Art daran, wie wichtig Feuer früher gewesen war. So wichtig, dass es sie bereits ohne das Wasser

entspannte und ihr ein Gefühl von Sicherheit gab, wie sie es nicht mehr gespürt hatte, seit Julius tot war.

Feuer war real, vielleicht das Realste, was es für sie gab.



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